Sibirische Kälte, 10 Tage erzwungene Off-Season & Neustart im (immer noch sibirisch-kalten) Schnee
Wie »dereinst« angekündigt, liegen nun fast zwei Wochen Laufpause hinter mir. Und das nicht etwa, weil ich in der Ruhephase vor einem großen Wettkampf war, sondern weil ich eine geplante Operation über mich ergehen lassen durfte. Gut nur, dass der »Onkel Doktor« noch einen Termin Anfang Januar hereinschieben konnte, denn eigentlich hätte es frühestens Mitte April geklappt. Und das wäre ja, in Hinblick auf den Lauerweglauf im August, tendenziell eher ziemlich blöd gewesen.
Aber bevor geschnippelt, oder vielmehr gelasert, wurde, durften sich die Laufschuhe noch zweimal austoben. Und gleich der erste Lauf davon zeigte, dass die beim letzten Tagebucheintrag erwähnte Kälte eher Kindergarten war. Am Montag früh zeigte Netatmo minus 8 Grad vor dem Wohnzimmerfenster und wusste zu berichten, dass die sich wohl wie ungefähr minus 15 Grad anfühlen würden. Und da ist noch nicht eingerechnet, dass ein Teil der Laufstrecke an offenem Wasser vorbeiführt, wo es für gewöhnlich nochmal einen Tacken zapfiger wird.
Aber hey, Kälte macht auch Spaß und solange es dabei nicht nass ist, passt das schon. Ich machte mich also mit meiner Frau auf, um kurz in Seeburg beim Eckpfeiler anzuschlagen. Viel mehr sollte wegen allerlei Terminen nicht drin sein. Allerdings zeigte sich schnell, dass sie es lieber etwas gemächlicher angehen wollte, während ich durchaus auch eine flottere Gangart angehen mochte. Also haben wir uns dann irgendwann vor Engelsfelde dazu entschlossen, dass ich immer »irgendwie um sie herum renne«, also immer mal ein Stück vor, danach wieder in ihre Richtung und dergleichen mehr.
Nachts an der Havel
Als wir auf diese Weise so langsam wieder nach Berlin hereinkamen, schaute sie mich an. Die Treppe!
Es gibt da nämlich eine Treppe, die zur Haveldüne hinausführt und wir haben schon öfter darüber nachgedacht, einfach mal dort rauf zulaufen. Nur haben wir es nie getan. Aber jetzt sollte sie dran sein. Und was soll ich sagen: Die Treppe, die von der etwa 30 Meter entfernten Straße echt riesig aussah, wurde mit jedem Meter Näherkommen kleiner. Am Ende standen gerade mal zwei mickrige Absätze auf dem Programm und schon war ich oben.
Oben suchte ich mir dann einen Weg zur Havel und was soll ich sagen? Es war schon echt ein phantastischer Anblick, wie die Havel dann vor mir lag. Der Himmel wurde gerade ganz langsam blau, unten in der Marina Lanke leuchteten noch allerlei Lichter und am Horizont lag der dunkle Grunewald. Dazu die Sichel des nun fast komplett abgenommenen Mondes und links daneben auch noch die kräftig leuchtende Venus. Einfach herrlich!
Laufpause
Dienstag stand die Operation – eine VSM–Ablation – an und ich sollte dafür pünktlich halb acht am OP klingeln. Da es aber auch die letzte Gelegenheit für wenigstens 10 Tage war, noch eine Runde laufen zu gehen, bin ich einfach so aufgestanden, als würde ich zur Arbeit fahren. Da stehe ich dienstags ja normalerweise so irgendwann um ein Uhr herum auf, damit ich dann spätestens halb drei von Arbeit aus starten kann. Und so hielt ich es dann auch am Operationstag. Nur ohne das vorherige zur Arbeit fahren. 😉
Mein Plan war dabei, die Runde über den Mauerweg zu nehmen und dabei nicht allzu langsam unterwegs zu sein. Also los und nach drei Kilometern geschah es dann: Ich wollte meine Kopflampe einschalten, denn inzwischen hatten wir fast Neumond, weshalb es trotz wolkenlosem Himmel dunkel war, wie in einem Bärenpoppes. Und hinter der Marina Lanke geht es am Haveluferweg durch den Wald. Blöd gelaufen.
Aber mitten in der Nacht ist es oben an der Hauptstraße ja auch recht ruhig, also wurschtelte ich mich durch den dunklen Wald am Jaczoturm entlang zur Hauptstraße und nahm diese dann in Richtung Kladow. Der Jaczoturm, mal als kleiner Einwurf, ist übrigens einer der Hauptdarsteller in meinem ersten Krimi »Die Seeburg-Verschwörung«. Ein Foto davon findet ihr dann hier.
Weiter zum Lauf. Während ich mich nun auf der Hauptstraße in Richtung Kladow bewegte, fiel mir ein, dass es noch zwei Tage zuvor jede Menge Glatteis auf dem Mauerwegsabschnitt parallel zum Sacrower See gab. Und obendrein ist dort ein recht heftiges Gefällestück. Das beides ist natürlich in Verbindung mit absoluter Dunkelheit recht blöd, wenn man keine (funktionierende) Lampe dabei hat. Damit fiel dieser Plan dann auch aus, sich nur über die Baumwipfel am Wegverlauf zu orientieren, wie es bei Trockenheit durchaus geht, kam bei Glatteis nun wirklich nicht infrage. Aber was nun?
Ich bog also kurz vor der Stadtgrenze ab in Richtung Hottengrund und schlängelte mich die Straßen am südlichen Rand von Kladow durch bis zur Uferpromenade, die ich ja auch öfter als Teil meiner Sonntagsrunde zur Sacrower Heilandskirche nutze. Von dort aus war der Rest wieder reine Formsache, verlief also rein streckenmäßig auf gewohnten Pfaden weiter. Bis ich dann in die Wilhelmstadt zurückkam. Der Blick auf die Uhr zeigte, dass noch ein wenig zu laufen war, um die geplanten 25 Kilometer zu erreichen und so lief ich weiter in Richtung Altstadt.
Dabei kam ich dann am Sportplatz der Brecht-Schule vorbei, der zur Abwechslung tatsächlich offen war. Das kommt in letzter Zeit ja eher selten vor, weshalb ich ihn eigentlich schon als mögliche Trainingsstätte komplett abgeschrieben habe. Jetzt aber hatte ich ja eine Gelegenheit. Der Zustand der Tartanbahn ist zwar eine Katastrophe und die beiden inneren Bahnen waren wegen Eis gesperrt, aber immerhin konnte ich ein paar Runden auf dem Platz drehen und dabei noch einmal etwas mehr Tempo machen. Die fehlenden Kilometer kamen obendrein dabei heraus.
Leider kam ich dann etwa 2 Minuten zu spät heim, denn sonst hätte ich meine Frau direkt beim Start in ihre Runde angetroffen und hätte sie noch begleiten können. Denn auch wenn ich knapp über 27 Kilometer hinter mir hatte, war ich noch fit genug für einen langsamen Abschluss. Na ja, was nicht ist, ist eben nicht. Fest stand jetzt, dass die Laufschuhe mindestens 10 Tage Ruhe haben.
Ein Umstand, den ich übrigens ziemlich bedauerlich fand, denn die herrliche trockene Kälte der nun folgenden Tage war ja quasi allerfeinstes Laufwetter. Laufwetter, bei dem ich in der Bude hocken und mein Bein ausruhen sollte.
Weiter geht es!
Die letzte Untersuchung nach der OP fand am Donnerstag statt und der Arzt gab das ersehnte grüne Licht. Ich durfte das Bein wieder voll belasten und nach und nach auch wieder ins normale Trainingsgeschäft einsteigen. Alles andere hätte mich auch gewundert, denn die Wunden waren gut verheilt und das Bein machte insgesamt einen guten und vor allem schmerzfreien Eindruck.
Mach, wie de dit aushältst. Solange dit Been keenen Stress macht, is allet in Ordnung und denn müssen wa uns ooch nich wiedasehn.
»Onkel Doktor«, bei der Abschlussuntersuchung
Die einzige Vorgabe war, nur das zu machen, was schmerzfrei möglich ist. Sollte beim Training irgendetwas zu schmerzen anfangen, sollte ich umgehend aufhören. Das bezog sich dann aber quasi auf alles, also auch ganz normale tägliche Verrichtungen. Aber egal, mir war nur wichtig, dass ich endlich wieder laufen durfte. Und in die Sauna. 😉
Und so ging es dann am Freitagmorgen los auf die »Grüne Runde«, die allerdings eher weiß war. In der Woche hatte es ja wie verrückt geschneit und meine Hoffnung, dass der Schnee noch eine Weile liegt, wurde freundlicherweise erfüllt. Schließlich will man ja, wenn das Zeug schon überall herumliegt, auch im Schnee laufen gehen. Manchmal hat man eben auch Glück!
Der Lauf stellte dann, eigentlich exakt so, wie ich es erwartet hatte, kein Problem dar. Ich war ja nun gut erholt, von dieser Seite drohte also ohnehin kein Ungemach, aber auch das Bein spielte genau so mit, wie es das tun sollte. Im Grunde kribbelte es und ich wollte am liebsten ordentlich reinhauen, aber ein langsamer Start war angesagt, schließlich soll beim ersten Versuch nicht gleich eine Überlastung geben.
Da aber Schnee für gewöhnlich auch jede Menge Glätte mit sich bringt, war an allzu schnelles Laufen ohnehin nicht zu denken. Und so tapperten wir ganz gemütlich die Runde entlang und genossen den Schnee. Auf dem Rückweg ging es dann wieder, wie schon beim letzten Lauf vor der OP, über die Haveldüne. Einfach, weil es dort oben echt schön ist.
Am Samstag gab es dann nur die Seeburger Eckpfeilerrunde, also fix 11 Kilometer abspulen und fertig. Und auch das hatte seine Gründe, der regelmäßige Leser wird es ahnen: Sauna stand auf dem Programm. Immerhin war auch das wieder erlaubt und es passte perfekt in den üblichen 14-Tage-Rhythmus. Den versuchen wir nämlich, soweit es die Zeit zulässt, einzuhalten.
Regelmäßig in die Sauna zu gehen ist nämlich nicht nur Wellness, sondern auch ein gutes Training für die Abwehrkräfte. Ich persönlich habe, seit ich regelmäßig in die Sauna gehe, deutlich weniger Erkältungen und dergleichen. Aber ich schweife ab … 🤓
Windchill ist ein Ars…Poloch!
Der Sonntag hatte es dann in sich. Aber so richtig! Es fing an mit einer Banane. Die war zwar nicht mehr grün, hatte dann aber trotzdem keinen, oder nur viel zu wenig, Zucker gebildet und schmeckte deshalb irgendwie eklig. Nicht unreif, einfach nur bäh. Also habe ich sie nach zwei Bissen entsorgt. Und weil keine anderen Bananen im Haus waren, beließ ich es dabei. Großer Fehler.
Da ich ein wenig zu sehr gebummelt hatte, kam dann Hektik auf. Auf dem Plan stand nämlich wieder ein Doppel, also halb allein und halb zu zweit, wobei die lange Variante geplant war. Das bedeutet, ich muss möglichst exakt zum richtigen Zeitpunkt bei Kilometer 17 ankommen, wo dann meine Frau aus dem Bus steigt. Durch meine Bummelei und den Ärger mit der Banane lief ich jedoch 9 Minuten zu spät los.
Was ich natürlich durch etwas höheres Tempo zu kompensieren versuchte. Der Schnee und das Glatteis sahen das ein wenig anders und so war eine schnellere Pace als 5:20 min/km kaum möglich. Also durchziehen und nicht zu viel Zeit mit Fotos vertrödeln. Ich habe demzufolge nur in Kladow kurz gehalten, ein Foto gemacht und bin dann weiter. Beim Foto fiel mir dann auch noch auf, dass ich die falsche Brille trug.
Was aber kein Problem ist, die ist nämlich die Brille, die ganz frisch auf meine Augen angepasst ist. Nur sollte die eigentlich zu Hause bleiben. So wegen möglicher Beschädigung bei Stürzen und dergleichen. Auch wenn man ja hofft, eben nicht auf die Nase zu plumsen.
Was hingegen ein Problem war, war die Temperatur. Die lag auf der Strecke im Mittel bei etwa -5,5° C, also durchaus auszuhalten. Die gefühlte Tempereatur wurde hingegen vom Deutschen Wetterdienst mit etwa -11° C beziffert. Macht also 5,5° Windchill, was, um mal ein wenig klugzuscheißen, der Unterschied zwischen gemessener und gefühlter Temperatur ist. Und das galt allgemein, also für den städtischen Bereich.
Meine Strecke führte jedoch auf den ersten 10 Kilometern immer schön am Wasser entlang, über das mir der Wind schön mit etwa 20 km/h und in Böen mit 40 km/h entgegenkam. Was den Windchill noch einmal deutlich erhöhte und dafür Sorge trug, dass sich die Temperaturen wie locker minus 18 Grad anfühlten. Und meine Hände trotz guter Handschuhe in Eisklumpen verwandelten.
Ach ja, die Bananensache. Fast hätte ich die vergessen. Der fehlende Zucker sorgte dann übrigens dafür, dass bei ungefähr Kilometer 19 der Stecker gezogen wurde. Zum Glück hatte meine Frau noch ein Dextro-Quetschie dabei, das meine Akkus soweit aufladen konnte, dass ich ohne mit dem Bus fahren zu müssen, wieder heim kam.
Die gute Nachricht zum Schluß
Aber es gibt ja nicht nur zu meckern, es gibt auch etwas Gutes. Schließlich galt meine größte Sorge ja nicht der Energiezufuhr, sondern meinem Bein. Und das hat quasi als beinahe einziges Körperteil den gesamten Lauf über keine Probleme gemacht. Da drückte nichts, da zog nichts und es schmerzte auch nichts. Ganz so, also wäre die nie etwas geschehen und nicht erst vor 12 Tagen eine Operation durchgeführt worden. Damit kann ich also einen ganz dicken Haken an diese Sache machen. Und das Training für den diesjährigen Mauerweglauf kann beginnen.
Ein Kommentar
Pingback: