Von belanglosen Zahlen und abgefederten Wildschweinen

Das Thema Pace kam mir in der vergangenen Woche gleich dreimal unter die Finger. Zunächst las ich bei der Runner’s World einen Artikel, der von einer Strava-Auswertung berichtet, die das durchschnittliche Lauftempo von Männern und Frauen ermittelt hat. Dabei ging es um die 5 Kilometer Distanz, die nach diesen Angaben im globalen Mittel von Männern mit 6:14 min/km und von Frauen mit 7:01 min/km zurückgelegt werden. Dabei wird dann noch ganz genau aufgedröselt, wie die durchschnittlichen Zeiten insgesamt sind – heruntergebrochen auf diverse Perzentile – und dann noch einmal das Gleiche für jeweils Männer und Frauen. Viel Zahlenzeugs für Statistikfreaks, ich selbst finde die beiden obigen Mittelwerte völlig ausreichend.

Danach kam es bei einem Kollegen zur Sprache, der sich für den Generali Halbmarathon Berlin 2024 angemeldet hat und nun versucht, sein Training entsprechend zu optimieren. Wobei es natürlich noch viel zu früh sein dürfte, das Training jetzt schon gezielt auf den Halbmarathon auszurichten, Grundlagentraining sollte da aktuell ausreichen. Und jetzt überlegte er, ob er nicht eine viel zu langsame Pace in die Laufschuhes stemmt, was natürlich Unfug ist. Wie dem auch sei, das dritte Mal kam dann die Pace bei Instagram zur Sprache, als jemand mein Tempo beim Lauf vom letzten Samstag lobte.

Ich jedenfalls fand die 6:22 min/km nicht unbedingt sonderlich flott und das war am Samstag ja auch ganz und gar nicht das Ziel. Das sagte ich dann auch und bekam als Antwort, dass es schneller war, als derjenige bei seinem eigenen Lauf am Montag. Hmm, ja. Mag sein. Aber am Ende des Tages vergleiche ich mich ohnehin nur mit mir selbst, und da war es durchaus eine ziemlich langsame Pace und obendrein spielt sie für mich grundsätzlich keine sonderlich wichtige Rolle.

Klar, man schaut schon drauf, allein um zu sehen, ob man bei vergleichbaren Strecken seine Leistung hält, verbessert oder verschlechtert. Aber das war es dann auch schon. Man braucht es einzig für sich allein. Und da ist selbst das Wort »brauchen« schon beinahe viel zu stark.

Standardprogramm

Aber kommen wir zum Training. Auch in dieser Woche stand das übliche Programm an, also unter der Woche die üblichen Läufe zu Zeiten, in denen die meisten Menschen noch tief und fest schlafen. Dabei verlief der Dienstag vergleichsweise ereignislos, denn nicht einmal die gewohnten tierischen Begegnungen waren am Start. Ich lief also ziemlich einsam und allein meine Strecke und hörte die üblichen Podcasts.

Nur einmal gab es dann einen gehörigen Schreck, denn in der Jungfernheide hörte ich plötzlich einen extrem lauten Schrei, der dann in wütendes Gebrülle überging. Irgendwann wurde mir dann klar, dass von hinten eine Radfahrerin kam, die wohl mal testen wollte, wie laut ihre Stimme werden kann. Ob sie sich nun vorher vor irgendwas erschreckt hat, oder einfach nur ein wenig gaga war, kann ich nicht mehr sagen.

Am Donnerstag gab es dagegen schon deutlich mehr Begegnungen, denn wohin ich mit meiner Stirnlampe auch leuchtete, sobald das Licht auf Gestrüpp oder Bäume traf, schauten mich lustige, paarweise auftretende Reflektoren an. An der Farbe lässt sich dabei immer ganz gut erkennen, wem sie gerade gehören. Gelb sind Füchse, Grün sind Katzen und weiß bis weißlich-gelb sind Waschbären. Geld und winzig klein sind dann noch Marder, die sieht man aber eher selten.

Am häufigsten sah ich übrigens Waschbären. Und die kleinen Wichte sind auch so ganz lustig. Meistens höre ich sie vorher noch, wie sie auf Bäume flüchten. Das typische Kratzen ihrer Krallen auf der Baumrinde ist da fast nicht zu verwechseln. Aber wenn man dann stehen bleibt und sie anleuchtet, dann denken die sich wohl, dass es ausreicht, auf dem Baum zu hocken. Auch wenn ich einen Meter davor stehe und sie mit ausgestrecktem Arm berühren könnte.

Die Tierbegegnung des Jahres. Oder: Abgefedert!

Was soll ich sagen, auch Samstag stand das obligatorische Programm an, ich drehte mit meiner Frau deren »Grüne Runde«. Ein paar Füchse, die ihr sonst direkt entgegenlaufen, hielten sich dabei leider ein wenig zurück und beobachteten uns nur verstohlen aus der Ferne. Das lag aber vermutlich an meiner Anwesenheit. Ansonsten verlief der Lauf recht unspektakulär. Wir genossen den Sonnenaufgang über den Rieselfeldern Karolinenhöhe und machten dabei einen Tacken langsamer als sonst. Einfach so, weil uns danach war.

Am Sonntag gab es dann aber ein echtes Highlight. Quasi die Tierbegegnung des Jahres.

Ich war auf dem Weg nach Kladow, wo ich wie üblich meinen Laufbuddy Thomas aufgabeln und mit ihm dann in Richtung Heilandskirche laufen wollte. Kurz vor dem Treffpunkt sah ich Thomas auch schon warten, aber kurz bevor ich bei ihm ankam, kreuzte ein »Berliner Löwe« ? meinen Weg. Das Borstenvieh lief etwa 5 Meter vor mir quer rüber und knallte dann auf der anderen Wegseite voll in einen Wildzaun. Und federte dermaßen heftig wieder ab, dass es erst auf der Mitte des Weges zum Stehen kam.

Dann schüttelte es sich kurz und nahm erneut Anlauf. Allerdings nur mit dem Erfolg, dass der Wildzaun wieder für einen gut gefederten Abflug sorgte. Ich hatte inzwischen angehalten und wollte lieber abwarten, bis das Spektakel zu Ende ist. Der geübte Berliner weiß schließlich, dass unsere »Löwen« zwar ganz gutmütig und ungefährlich sind, aber wenn sie sich in die Enge gedrängt fühlen, dann werden die durchaus auch garstig. Und das stand hier im Raum, denn der Zaun machte ja nicht den Anschein, nachgeben zu wollen.

Das wollte Borstie aber nicht auf sich sitzen lassen und nahm grunzend erneut Anlauf, rannte diesmal aber einen Meter weiter links gegen den Zaun. Und das war ein schlauer Move, denn hier gab der Zaun knirschend und krachend nach und Borstie hatte es geschafft. Trampelnd ging es noch ein Stück ins Unterholz und dort blieb Borstie dann, immer noch unter wütendem Gegrunze, stehen. Und schaute mich grimmig an, vermutlich weil ich mich vor Lachen kaum noch einkriegte. 😆

Und das war es dann auch schon wieder für diese Woche. Von einem ereignislosen Lauf bis hin zu einem wirklichen Highlight war somit alles dabei. Und irgendwie ist über alledem die Zeit wieder viel zu schnell vergangen. Haltet durch, bis nächste Woche an dieser Stelle, wenn übrigens der BMW Berlin Marathon hinter mir liegt. Mal schauen, was es von diesem Event so alles zu berichten gibt.