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Durch die Nacht geradelt: Die Mecklenburger Seen Runde 2023

Wie schon im Bericht zur 20. Trainingswoche 2023 erwähnt, fand am vergangenen Wochenende die Mecklenburger Seen Runde 2023 statt. Selbstredend war ich auch wieder dabei, ebenso eine Kollegin, mit der ich auch schon die 4 Teilnahmen zuvor gemeinsam gefahren bin. Die MSR ist jedes Mal aufs Neue echt genial. Wir gehörten nämlich, so habe ich es in diesem Jahr gelernt, zu den sogenannten »Nightridern«, die schon am Vorabend starten und die Nacht hindurch radeln.

Der Tag begann recht früh, denn naturgemäß werde ich sehr früh wach. Ich begleitete meine Frau noch auf ihrem morgendlichen Lauf, machte also sozusagen 11 Aufwärmkilometer vor der langen Tour. Nachmittags machten wir uns mit der Bahn zu meiner Kollegin auf, die uns dann nach Neubrandenburg mitnehmen wollte. Und bevor Fragen kommen: Ja, sie hätte uns auch abholen können, aber dann wäre es schwer geworden, ihr neues Haus zu begutachten. 😉

In Neubrandenburg lieferten wir meine Frau bei einer Bekannten ab, bei der sie für gewöhnlich während der MSR übernachtet, machten dann die Bikes fertig und begaben uns dann zu fünft ins Startgebiet, um die Startnummern abzuholen. Womit ich auch gleich beim ersten Punkt bin, denn zur 5. Teilnahme, was es ja nun für mich war, gibt es eine goldene Startnummer. Nur die bekam ich nicht. Allerdings war das Design der Startnummern in diesem Jahr etwas anders, worauf wir dann auch die Sache mit der Farbe schoben.

Und um es gleich vorwegzunehmen, wir waren noch keine 3 Kilometer gefahren, als ich den ersten anderen Teilnehmer mit der goldenen Startnummer sah. Skandal! Es gab sie also doch und ich wurde übergangen! ?

Und um gleich noch etwas vorwegzunehmen: Im Ziel wies ich auf die 5. Teilnahme hin und bekam dann wenigstens die richtige Medaille, denn auch hier gibt es für Jubilare ein besonderes Exemplar.

Aber weiter im Text. Wir saßen noch ein Weilchen gemütlich in der Sonne, aßen ein paar Brote und trafen ein paar Bekannte, bevor wir dann an den Start gehen mussten. In diesem Jahr waren wir dabei erstmals in der allerersten Startwelle dabei. Bisher fuhren wir immer ein wenig später los, anfangs stets 21:40 Uhr, letztes Jahr dann 21 Uhr. Die erste Startwelle brachte aber jede Menge Vorteile. Der wichtigste dabei ist die Menge der Starter. 130 Fahrer:innen sind im ersten Rutsch dabei, weshalb man unabhängig von seiner Geschwindigkeit immer wieder jemanden findet, an den man sich ranhängen kann, wenn es gegen den Wind zu anstrengend wird.

5, 4, 3, 2, 1 – Und los!

Punkt 20 Uhr fiel der Startschuß und wir fuhren los. Die ersten Kilometer in Neubrandenburg gibt es noch ein Führungsmotorrad und ab Bergstraße ist das Rennen offen. Dabei wird die Bergstraße dann ihrem Namen wirklich gerecht, denn es geht steil bergauf. Oben stehen dann jedesmal etliche Cheerleader und allerlei weiteres Publikum und feuern die Biker aus Leibeskräften an. Und dieses Jahr war die Party dort besonders laut. Das ist sozusagen der erste Gänsehautmoment auf der Tour.

Anschließend wurde es ruhiger und wir rollten gemeinsam mit einer Gruppe durch den Sonnenuntergang Richtung Feldberg, wo sich nach 41 Kilometern Tour das erste Depot befindet. Dort ist jedes Jahr richtig Party und weil es dieses Jahr direkt nach dem Vatertag war, rechneten wir schon damit, dass dort einfach durchgefeiert wurde. Aber offenbar hatte man sich ausgeruht und ganz frisch für uns angefangen, denn noch war es recht ruhig und die Musik auf einem Level unterhalb der Schmerzgrenze. 😉

Aber die Helfer dort waren trotzdem schon enorm gut gelaunt und ich füllte als Erstes die Schokoladenvorräte auf. Also die internen. Die Schokolade auf der MSR ist nämlich enorm lecker, weshalb ich jedes Mal viel zu viel davon verspeise. Anschließend noch kurz die Trinkflasche auffüllen und weiter ging es zum nächsten Depot. Das befindet sich in einer Schule in Neustrelitz.

Dort gab es die erste warme Mahlzeit: Gemüsebrühe mit Sternchennudeln. Wenn man schon 83 Kilometer in die Nacht hinein geradelt ist, ist das echtes Gourmet-Essen. Außerdem zeigten sich schon hier zwei weitere Vorteile des frühen Starts. Einerseits gehen wir hier zumeist das erste Mal auf die Toilette. Und die ist, wenn man der erste ist, eben noch sehr sauber. Wenn am Folgetag schon hunderte Radler:innen durch sind, sieht es eben auch entsprechend aus. Und am Getränkestand war ebenso wie am Suppenstand alles leer, sodass wir nur rangehen und uns versorgen lassen mussten.

Beim NDR gab es einen Beitrag zu den Helfern, in dem man eine lange Schlange am Getränkestand sieht. Das blieb uns erspart, weshalb wir auch recht zügig wieder auf dem Bike saßen. Nächstes Ziel: Schwarz.

Das Highlight unter den Depots

Schwarz ist das absolute Highlight unter den Depots. Denn in Schwarz gibt es, und auch da hat die Nacht einen riesigen Vorteil, ein tolles Lagerfeuer. Ich habe keine Ahnung, ob es tagsüber auch brennt, aber da kommt es auch nur halb so gut rüber, wie in der Dunkelheit.

Natürlich gibt es dort auch Schokolade, aber selbst die verblasst gegen das Lagerfeuer. 😉

Schön vom Feuer gewärmt fiel es dann zwar ziemlich schwer, sich wieder aufs Rad zu setzen, aber bei Kilometer 156 wartete in Röbel das nächste Depot auf uns. Und dort sollte es, so versprach es zumindest die Presse, leckere Blåbärssoppa, also Blaubeersuppe geben. Aber der Weg dorthin war zunächst ziemlich verwirrend. Denn kurz vor Röbel zeigten die Tracks der Fahrradcomputer nach rechts, während ein Pfeil der Streckenbeschilderung nach links zeigte. Wie jetzt?

Wir entschlossen uns, der Beschilderung zu folgen. Das war kein Problem, denn ich kenne mich da in der Gegend ganz gut aus und wusste, wie man auf diesem Weg auch nach Röbel gelangt. Und genau so geschah es dann, wir kamen in Röbel an und erreichten das Depot. Dort aßen wir aber zunächst Nudeln mit Tomatensoße. Leider, denn anders als in den letzten Jahren, waren die Nudeln diesmal total zerkocht und alles war nur lauwarm.

Blåbärssoppa

Das war echt schade und der Grund, weshalb ich nur sehr wenig davon aß. Aber es wartete ja noch die Blaubeersuppe. Und die war nicht nur lecker, sondern enorm heiß. Und so konnten wir uns doch noch richtig gut aufwärmen, auch wenn das eigentlich wegen des guten Wetters gar nicht nötig war. Das hatte ich ja noch gar nicht erwähnt. Im letzten Jahr standen wir in Feldberg zunächst 20 Minuten unter einem Schirm, denn es gab einen Platzregen von der übelsten Sorte. Und auch sonst war es sehr nass und kalt. Noch ein Jahr früher war die MSR wegen Corona erst im Herbst, also auch kalt und nass. Da war das Wetter in diesem Jahr ein wirklicher Glücksgriff.

Als nächstes Depot stand Nossentiner Hütte bei Kilometer 195 auf dem Programm. Dort ist das Depot immer in der Wache der Freiwilligen Feuerwehr untergebracht, die auch die Betreuung der Teilnehmer:innen übernimmt. Das Depot hat neben allerlei belegten Broten, Schokolade und Bananen, sowie sauren Gurken auch heiße Brühe. Und die ist hier, ganz kurz vor Sonnenaufgang, auch wirklich ein Genuss, denn es ist die kälteste Zeit der Nacht. Gerade mal 4,5 °C waren ziemlich schon frisch. Insbesondere wenn man leicht übermüdet und erschöpft ist, machen solche Temperaturen schon arg was aus.

Aufgewärmt

Aber die Brühe half und kurze Zeit später saßen wir wieder auf dem Bike und radelten der aufgehenden Sonne entgegen. Der Sonnenaufgang ist, ebenso wie der Sonnenuntergang, ebenfalls ein Grund dafür, die Nacht hindurchzufahren. Denn die ohnehin schon wirklich tolle Gegend der Mecklenburgischen Seenplatte ist im Zauber der Sonne noch einmal ein ganzes Stück schöner.

Was weniger schön war: Es fühlte sich tatsächlich richtig kalt an und vor allem waren die Beine gerade ein wenig schlapp. Das bedeutete, dass die nächsten vielleicht 20 Kilometer wirklich anstrengend wurden, bis sich alles wieder ein wenig lockerte. Dumm nur, dass wir dann Richtung Osten beidrehten und den Wind, der morgens für gewöhnlich wieder auffrischt, von vorn abbekamen.

Aber im Osten lockte mit Alt-Schönau das nächste Depot. Zuvor darf man zwar, das Ortseingangschild schon im Blick, noch einmal eine »Extrarunde übern Berg« fahren, aber irgendwas ist ja immer und da in Alt-Schönau der beste Obstsalat der Welt wartet, nimmt man das gern in Kauf. Für den Obstsalat stehen die Helfer übrigens im Vorfeld stundenlang beisammen und schnippeln. Und das alles für die verrückten Radler. 😉

Neben Obstsalat gibt es dort dann auch Streuselkuchen. Sogar einen der besten Streuselkuchen der Welt. Im vorletzten Jahr, als die MSR wegen Corona in den September verlegt wurde, stand das Depot Alt-Schönau wegen der Erntezeit nicht zur Verfügung, weshalb etliche Schüler an einem Ausweichstandort waren und diesen Streuselkuchen verteilten. (Und wie üblich auf der MSR, Geld für ihren Abiball sammelten.) Dieser Streuselkuchen ist so lecker, dass ich seinerzeit bestimmt ein halbes Blech in mich hineinstopfte und dann mit Bauchgrummeln weiterradeln durfte. Das aber nur als kleine Anekdote am Rande.

Nach Alt-Schönau geht es Richtung Groß Vielen, wo bei Kilometer 278 das letzte Depot auf der Strecke wartete. In Groß Vielen ist für gewöhnlich recht wenig los, denn nicht jeder hält hier, 25 Kilometer vor dem Ziel, noch einmal an. Der Weg dorthin war von jeder Menge Gegenwind gezeichnet und so fuhren wir nicht mehr nebeneinander, sondern ich gab meiner Kollegin, die obendrein gerade ein kurzes Formtief hatte, Windschatten. Zu uns gesellte sich noch ein Radler, der ganz verzweifelt fragte, ob er etwas Windschatten bekommen darf.

Weil er sich nicht einfach nur zum »lutschen« an uns gehängt, sondern freundlich gefragt hat, bot ich ihm in Groß Vielen an, sich auch noch den Rest der Strecke an uns zu hängen. Was er auch wirklich dankbar annahm, da er am Rande totaler Erschöpfung war.

Die letzten Kilometer ins Ziel

Und so fuhren wir nun zu dritt das letzte Stück der Strecke. Wie üblich stand dabei das Schild, das auf die verbleibenden 10 Kilometer hinwies, schon 17 Kilometer vor dem Ziel, weshalb das Schild für die 5 verbleibenden Kilometer, welches korrekt aufgestellt war, erst 12 Kilometer später kam. Verwirrend, gelle?!

Aber wir kannten das schon und am Ende muss man ja ohnehin so lange fahren, bis man im Ziel ist, also ließen wir uns nicht beirren und kämpften uns die letzten Kilometer gegen den Wind ins Ziel. Oder vielmehr in die Ziele, denn das erste kommt kurz vor dem Kulturpark Neubrandenburg. Dort ist die letzte Zeitmessung und das Rennen offiziell beendet. Diese Maßnahme hat auch einen tieferen Sinn, denn damit soll erreicht werden, dass die Fahrer im nicht gesperrten Bereich des Kurparks keine Endspurte einlegen und damit Unbeteiligte gefährden.

Im Start- und Zielbogen, kurz nachdem man noch einmal eine echt fiese und steile Brücke überquert hat, ist dann das zweite Ziel, bei dem jeder Fahrer namentlich begrüßt wird und auch seine Medaille erhält. Ich bekam dabei, auf Anfrage, meine Medaille für die 5. Teilnahme. Wenn schon keine goldene Startnummer, dann wenigstens das. So.

Icke uff Leinwand

Und von der Bekannten, bei der meine Frau übernachtet hat, gab es wieder ein Gemälde. Deren Mutter ist Malerin und malte schon die letzten beiden Male ein Siegerbild für Beanie, meinen kleinen weißen Begleiter. Dieses Mal gab es wieder ein Siegerbild, allerdings war darauf nicht nur Beanie, sondern auch ich.

Das war wirklich ein ganz feines Geschenk. Dafür haben sich die 300 Kilometer echt gelohnt. Na ja, und für das Abenteuer, für die tollen Depots, die tolle Landschaft und für das alles insgesamt.

Übrigens, bei besagter fieser Brücke kurz vor dem Zielbogen macht sich der frühe Start ebenfalls bezahlt. Hinter der Brücke lauert nämlich für gewöhnlich ein Fotograf und macht tolle Bilder von der Abfahrt. Da wir ja mit unter den ersten und damit weitgehend allein unterwegs sind, halten wir es immer so, dass wir jeder einzeln über die Brücke fahren und uns dahinter für die gemeinsame Zieleinfahrt zusammenschließen. Auf diese Weise hat jeder sein ganz eigenes Brückenfoto. Und das ist bei der zeitgleichen Ankunft vieler Leute kaum so möglich.

So, das war es auch schon. Sehr viel mehr kann ich kaum berichten. Also können vermutlich schon, aber das würde euch vermutlich noch mehr langweilen, als dieser ausschweifende Text es vermutlich ohnehin schon tut. Glückwunsch also, wenn du bis hierher durchgehalten hast. Und ganz am Ende gibt es noch einmal die Strecke zum auf der Karte angucken oder gern auch nachfahren. Meinetwegen auch gemeinsam, im kommenden Jahr, wenn ich wieder an der Startlinie stehen werde. 🙂

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