Wie oft soll ich meine Laufschuhe erneuern?
Max hat es schon beim Thema »Den richtigen Laufschuh finden« ganz korrekt angemerkt: Nicht nur der Schuh bzw. dessen Auswahl selbst ist in vielen Köpfen ganz große Zauberei, auch über die Laufleistung, nach der man sein Schuhwerk erneuern soll, gibt es mehr Meinungen als Läufer. Und da ich hier ja regelmäßig meine ganz unerhebliche Meinung zu allerlei wichtigen Themen rund um das Laufen kundtue, mache ich das auch zu diesem Thema.
Jeder Tag, an dem Du Deine Laufschuhe schnürst und losrennst, ist ein guter Tag.
Altes Naturgesetz 😉
Einer Sache bin ich mir dabei recht sicher, ich kenne die beste aller Lösungen. Damit habe ich zwar mit allen anderen eine Überzeugung gemeinsam, aber man soll ja schließlich eher auf Gemeinsamkeiten, als auf Trennendes hinweisen. Positive thinking, you know?
Kommen wir also zur Sache. Im Allgemeinen wird davon gesprochen, dass Laufschuhe nach einer genutzten Distanz zwischen 650 und 850 Kilometern getauscht werden sollten. Andere wiederum sprechen von 750 bis 1.000 Kilometern und wer sehr viel in sehr teuren Schuhen läuft, setzt gern auch 2.000 Kilometer an. Wir sehen also, es handelt sich um eine ziemlich große Range, aber was stimmt nun?
Der Logik von »Empfehlungen zu Dingen« folgend, dürften wohl so gut wie alle dieser Werte vollkommen in Ordnung gehen. Ich für meinen Teil mache das dann eher fließend. Soll heißen, ich lege für ein Paar Laufschuhe zunächst 1.200 Kilometer als Ziellaufleistung fest. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass bis zu diesem Wert meine Laufschuhe meinen 83 kg Kampfgewicht locker trotzen und die Dämpfung bis dahin gute Dienste leistet. Auch wenn die Sohlen oft schon nach nur 40 Kilometern erste Abnutzungserscheinungen zeigen. Die hier im Bild gezeigte Sohle hat allerdings schon 940 Kilometer hinter sich, deshalb auch die ziemlich heftige Abnutzung.
Die Dämpfung ist dabei auch der ausschlaggebende Punkt, denn auf die bin ich wegen allerlei körperlicher Gebrechen definitiv angewiesen. Die körperlichen Gebrechen sind es aber auch, die als recht feine Antennen fungieren. Stimmt etwas mit der Dämpfung nicht, merke ich das recht schnell. Und so kann es durchaus mal vorkommen, dass ein Paar Laufschuhe noch vor Ablauf der festgelegten Mindestlaufleistung in den Mülleimer wandert. Ebenso kann es aber auch vorkommen, dass es deutlich länger dauert, bis die finale Entsorgung ansteht. Und jetzt kommt auch die Begründung dafür, weshalb ich im Artikel zur Suche nach dem richtigen Laufschuh empfahl, nicht allzu billig zu kaufen.
Vorher sei an dieser Stelle aber noch eine kleine Anmerkung erlaubt: Ich selbst laufe fast nur auf Asphalt, weshalb der Dämpfung natürlich ganz besondere Bedeutung beigemessen werden muss. Wer viel im Wald oder auf dem Trail läuft, braucht da tendenziell weniger Dämpfung, da die ja schon durch den Untergrund geliefert wird. Dafür ist dann mehr Halt und Stabilität erforderlich. Was dann im Umkehrschluss aber auch wieder hohe Qualitätsansprüche mit sich bringt.
Zurück zur Sache. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es doch eher die hochpreisigen Laufschuhe sind, bei denen die Dämpfung, aber auch das restliche Material – man denke hier insbesondere an oft zu findende Abnutzungen am Rand rund um den »Einstieg« oder auch im Fersenbereich – deutlich länger durchhalten. Da wird nämlich nicht nur jede Menge Geld in die Entwicklung der Funktion, sondern auch jede Menge Geld in die Materialentwicklung gesteckt. Das wiederum treibt zwar den Preis in die Höhe, aber der ist meistens auch wirklich gerechtfertigt.
Milchmädchenrechnung
Demletzt habe ich mal aus Spaß mit einem Kollegen ganz grob überschlagen, was so ein Laufschuh in seinem Leben einstecken muss. Beim Laufen geht man davon aus, dass ungefähr das 4,5fache des Körpergewichtes im Kniegelenk landet. Das sollte dann auch ungefähr dem Schuh aufgeholzt werden. Bei 83 Kilogramm Körpergewicht, was in etwa meinem aktuellen Gewicht entspricht, wären das 373,5 Kilogramm, die bei jedem Schritt auf dem Laufschuh landen.
Ich selbst habe zumeist eine Schrittfrequenz von 176 Schritten pro Minute, jeder Schuh bekommt also 88 Mal in der Minute besagte 373,5 Kilogramm in die Dämpfung gedrückt. Gehen wir von einem gemütlichen Lauftempo aus, nehmen also 10 Kilometer pro Stunde an. Dann würde man für die angesetzten 1.200 Kilometer in Summe 120 Stunden benötigen. Das wiederum sind dann 7.200 Minuten und somit 633.600 Schritte, die ein einzelner Schuh aushalten muss.
Und genau hier trennt sich dann eben doch die Spreu vom Weizen, denn ein wirklich hochwertiger Schuh lacht an dieser Stelle noch leise und seine Dämpfung wirkt nach wie vor. Während der preiswertere Schuh schon lange schlapp gemacht hat. Und auch hier noch einmal der Hinweis, ich rede jetzt aus rein persönlicher Erfahrung! Ein Schuh für um die 80 Euro mag zwar oft nett aussehen, aber er hält dann eben den 373,5 Kilogramm pro Schritt nur für etwa 300 Kilometer wirklich stand. Was dann bedeutet, für die 1.200 Kilometer Laufleistung sind 4 Paar nötig, was dann 320 Euro wären. Womit der Schuh für 170 Euro plötzlich die echte Sparsamkeit in Person wird.
Aber wann muss ich nun meine Laufschuhe ersetzen?
Und am Ende des Tages ist vor allem wohl die Summe der jährlichen Laufkilometer ausschlaggebend. Und wenn 90 Euro Aufschlag beim Laufschuhkauf die potenzielle Laufleistung des neu erworbenen Schuhes nahezu vervierfachen, dann ist es einfache Mathematik, die den zunächst teureren Schuh zum preiswerteren Modell macht.
Und Qualität, die im hochpreisigen Segment durchaus enorm ist, hat noch andere Vorteile. Sie schützt den Fuß und die Gelenke, ist also auch eine Sache der Gesundheit. Denn Sport treiben ist für sich genommen zwar zunächst gesund, wenn man sich aber wegen Sparsamkeit an der falschen Stelle die Gelenke ruiniert, hat man ja auch nicht wirklich viel gewonnen.
Hat man also nun ordentliche Schuhe, dann kann man mit einer ebenso ordentlichen Laufleistung rechnen und zunächst wenigstens 1.000 Kilometer ansetzen. Und dann ist es eine Frage des Gefühls und ggf. auch der Eitelkeit. Nach 1.000 Kilometern sind Laufschuhe nämlich gern schmuddelig und nicht jedem ist es egal, ob man den Schuhen ihre Vergangenheit ansieht. Mag man das nicht, darf hier getauscht werden. Stört es nicht, sollte hin und wieder mal ein etwas genauerer Blick auf den Schuh geworfen werden. Ist das Material noch komplett in Ordnung, oder gehen schon Nähte auf? Ist etwas eingerissen oder durchgewetzt? Dann weg mit den Dingern.
Ansonsten schaut man eben einfach, ob die benötigte Funktion noch gegeben ist. Braucht man Dämpfung und die ist in Ordnung? Alles gut. Braucht man Stabilität und die ist noch gegeben? Alles gut. Dann spielen gelaufene Kilometer und allerlei andere Weisheiten auch keine wirkliche Rolle mehr und können hinten herunterfallen.
Oder ganz kurz gefasst: Lauft den Schuh, solange er euch gefällt und die Funktion ordentlich erfüllt, die er ordentlich erfüllen muss. So einfach ist das. 🙂
Wer bis hierher durchgehalten hat, dem ist bestimmt etwas aufgefallen. Richtig, diese Einlassungen können streckenweise durchaus auch als Erweiterung für die Tipps zur Auswahl des richtigen Laufschuhes durchgehen. Aber so ist das manchmal, alles ist im Fluss, alles hat mit allem zu tun. Um hier einfach noch einmal etwas Philosophie ins Spiel zu bringen …
Übrigens: Ganz und gar keine Gedanken über das Lebensende eines Laufschuhes muss sich derjenige machen, der einerseits ein ganzes Regal voller Laufschuhe hat, aber nur einmal pro Woche schnelle 5 Kilometer durch den benachbarten Stadtpark läuft. Da reicht die gewöhnliche Lebenszeit eines Menschen nicht aus, um die Schuhe damit an ihre Grenze zu bringen. 😉
3 Kommentare
Max
Ich hab mich auf 800 km eingestellt. Laufe immer ein Paar ab, wechsel nicht ständig. Meist kommt das gut hin, dass ich zum Ende auch ein neues Paar Schuhe günstig erwerben kann. Nur einmal in den früheren Jahren hatte es nicht geklappt und hab ein Paar dann über 1500 km genutzt, da war das beim Wechsel aber auch deutlich spürbar.
Die ausgemusterten Schuhe kommen aber auch nicht gleich weg, wenn sie noch ok sind. Habe z.B. ein Paar im Büro als Wechselschuhe, wenn ich mal auf die Straße muss. ?
schrottie
Der Wechsel ist aber recht sinnvoll, da Schuhe zumeist unterschiedlich abgelaufen werden und damit die Fußgelenke immer mal ein wenig anders belastet werden. Dazu kommen unterscheidet Reize durch unterschiedliche Dämpfung und ähnliches. Sagt man sich zumindest. ?
André
Ja Schuhe sind ein schwieriges Thema.
Hab jetzt genau ein Paar gefunden, bei dem ich mir keine Blasen (im Hohlspann) laufe. Würde daher künftig tendentiell auch lieber 2/3x das gleiche Paar kaufen.